"Trainer mit vier Hufen" Artikel über
das Managertraining von Bayerns Pferde 1/2008 ganz unten finden Sie den Text zum Lesen |
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Natürlich reden Pferde nicht mit
Worten. Doch wer aufmerksam hinhört, erkennt,
wenn ein Pferd sich mitteilen möchte. Und wer seine Sinne öffnet
und die Vorurteile über Bord wirft, kann die Botschaft der Pferde deutlich
verstehen.
Bei seiner Arbeit mit den Pferden wurde
dem Bau- und Wirtschaftsingenieur bewusst, dass Vertrauen und Respekt voreinander
die Basis für eine "geniale Leichtigkeit" im Umgang miteinander sind.
Und von Stund’ an respektierte er seine Mitarbeiter als genau die
Menschen, die sie waren, mit all ihren Stärken und Schwächen, und
hörte auf, ihre Leistung zu kontrollieren.
Wir wirken immer
Im Roundpen zeigten Osterhammels Pferde, dass er – egal was er tut – immer die Ursache dessen ist, was geschieht. Sein Fazit: Wir wirken immer, die Frage ist nur: wie? Je vertrauter Bernd Osterhammel mit seinen Pferden wurde, umso klarer wurde es ihm, was seine Pferde bewegt. Er lernte, die
Regeln der pferdischen Rangordnung
und die Werte und Motive seiner Pferde heraus zu finden.
Auch diese Erkenntnis übertrug er in sein Geschäftsleben und
folgerte: Wer sich mit jemand anderem leicht bewegen will, sollte wissen,
was ihn bewegt. Irgendwann beim Training mit einem seiner Pferde machte
es „klick“, und er nahm die Botschaft seiner Stute wahr: „Was
Du da von mir verlangst, liegt mir einfach nicht. Ich würde Dich viel
lieber lange Strecken durch die Natur tragen. Für Dressurarbeit bin
ich nicht geeignet“.
Angespornt durch die ersten Erfolge, die die Umsetzung seiner vorangehenden Erkenntnisse bereits zeigten, blieb Osterhammel am Ball: Konsequent setzte er ab sofort seine Mitarbeiter entsprechend ihren Fähigkeiten und Stärken ein. Schon bald darauf offenbarte sich seine fünfte Erkenntnis: Das größte Potenzial liegt im Hier und Jetzt.
Die sechste Erkenntnis wurde ihm bei der Ausbildung seiner Pferde noch einmal deutlich bewusst: "Angst gehört nicht in die Firma." Und so begann
Bernd Osterhammel, seinen Mitarbeitern Sicherheit zu vermitteln. Er sprach offen über die jeweilige Auftragslage und über die Sicherheit der Arbeitsplätze. Fehler wurden nicht gerügt sondern im Team korrigiert. So wandelte sich das mittelständische Ingenieurbüro von Bernd Osterhammel zur erfolgreichen Traumfirma, während die Ideengeber all dessen, die Pferde, friedlich im Offenstall ihr Heu mümmelten.
Sprichwörtliche Sensibilität
Der Pferd- ud Persönlichkeitstrainer Heinz Welz schlug im Seminar die Brücke zwischen dem Verhalten der Pferde und den Erkenntnissen von Bernd Osterhammel. Er erklärte den Teilnehmern, wie Pferde „ticken“, und dass sie unglaublich sensible, streng hierarchisch denkende Tiere sind. Durch ihre feste Sozialstruktur, die sie hauptsächlich über Körpersprache regeln, und ihre sprichwörtliche Sensibilität eignen sich Pferde hervorragend dazu, Menschen einen Spiegel vorzuhalten und deren Verhalten und sogar deren Empfindungen deutlich und unmittelbar zu reflektieren.
Welz erläuterte den hohen Stellenwert der Körpersprache
eigene Achse, während die Juniorchefin um sie herum lief und versuchte, sie nach außen zu dirigieren. Wer hier wen bewegte, und dass die junge Frau sich in ihrem Unternehmen „drehen und wenden konnte, wie sie wollte“, setzte Jessie eindrucksvoll in die Tat um. Heinz Welz gab Schützenhilfe, interpretierte, analysierte, brachte die junge Frau mit gezielten Fragen dazu, selbst die Antwort zu finden.
Blatt wendet sich
Jessie forderte es geradezu heraus: Mit Schwung sollte das vier Meter lange Bodenarbeits-Seil auf ihrem Hintern landen, um ihr klarzumachen, wer jetzt auf diesen 20 x 20 Metern das Sagen hat. Und siehe da: Kaum hatte die Jungunternehmerin ihr Herz in die Hand genommen und das Seil geworfen, setzte sich die Stute brav in Bewegung. Die junge Frau freute sich, und das Trainerduo Welz /Osterhammel ließ sie einen Augenblick lang ihre Freude genießen.
Doch dann wendete sich das Blatt: „Guck mal, Deine Mitarbeiterin macht Dienst nach Vorschrift. Unmotiviert schleift sie die Füße durch den Sand und lugt am Ausgang der Reithalle immer schon nach der Kantine und der
Kaffeemaschine“. Wieder waren es gezielte Fragen und kleine Tipps der Trainer, die zu der Erkenntnis führten „ich brauche klare Ziele, damit ich klare Anweisungen geben kann“.
In der kleinen Welt der Reithalle waren einfache Ziele schnell gefunden: „Eine ganze Runde Trab und nicht vorher aufhören: Also einmal im flotten Trab an der verführerischen Hallentür vorbei“. Das deutliche Ziel gab der jungen Frau in der Mitte eine ganz andere Ausstrahlung. Mit gestrafften Schultern hielt sie die Stute im Visier und verlieh allein durch ihre Körperhaltung ihrem Wunsch so viel Nachdruck, dass Jessie fleißig im Kreis lief. Nach einigen weiteren „Jobs“, die die Stute brav erledigte, durfte sie in die Mitte „ins Chefbüro“ kommen und wurde ausgiebig gestreichelt.
Dies war nur eine von insgesamt acht Pferd-Mensch-Paaren, die auf diese Weise zusammen spielten. Wallach Ray machte Personalchef Wolfgang unmissverständlich klar, dass er sich entspannen müsse, denn Ray lief unermüdlich und nicht zu bremsen im Trab um den Manager herum.
Herdenchef Zeus forderte von seiner Führungskraft absolute Aufmerksamkeit, schnelle Reaktionen und unbedingte
auch bei uns Menschen. Den Großteil unserer menschlichen Art-Geschichte kommunizierten auch wir Menschen nonverbal. Das gesprochene Wort entdeckten wir erst relativ spät. Auch Verhaltensforscher bestätigen die enorme, vor allem unterschwellige Bedeutung der Körpersprache, und viele Menschen mit Verkaufsverantwortung kennen diese Erkenntnisse und wenden sie täglich beim Umgang mit Kunden an.
Eines der wenigen Werkzeuge, das Heinz Welz den Pferde-Neulingen an die Hand gab, um zu verstehen, was sich beim Zusammentreffen mit dem Pferd abspielen würde, war das Wissen, dass sich bei Pferden alles um die Frage dreht: „Wer bewegt wen?“ Das ist das Barometer für Rangfolge, Gehorsam, Dominanz, Führungsqualität.
Jessie hatte mittlerweile ihren Mittags-Snack beendet und war bereit, der jungen Firmenchefin zu zeigen, was ihr spezielles Führungsproblem war. Und das machte die 16-jährige Stute mit einer Weisheit, die ihresgleichen sucht: Gelassen – ja fast gelangweilt – stand sie in der Mitte der Reithalle, drehte sich ab und zu unmotiviert um die
Konsequenz. Stute Molly zeigte mit ihrer Verspieltheit, wie ein Abteilungsleiter die Dinge leichter nehmen und mit Humor knifflige Situationen auflösen kann.
Die Pferde hatten längst Feierabend und widmeten sich bereits wieder ihrem Freizeitprogramm, während im Seminarraum die Köpfe rauchten. Heinz Welz und Bernd Osterhammel hatten sich während des Pferdetrainings eifrig Notizen gemacht und besprachen nun mit den Teilnehmern das Gesehene und Erlebte. Einige Erkenntnisse gingen dabei so sehr in die Tiefe, dass Tränen flossen – Tränen der Rührung, Tränen der Freude, Tränen der Erleichterung.
Einfühlsames Feedback
Einfühlsam, aber deutlich, erhielt jeder Teilnehmer ein Feedback von den Trainern und von der Gruppe, die sich durch ihre Fairness und Offenheit gegenseitig bestärkte. Niemand verließ dieses eindrucksvolle Seminar ohne eine Erkenntnis, die ihm tief verborgene Antworten gab, und eine Anregung dazu, wie er einen neuen, positiven Weg einschlagen kann. Ob Jessie, Ray und Zeus überhaupt wissen, welch wertvollen Beitrag sie dazu geleistet haben?
Gelassen steht Quarter Horse-Stute Jessie im Schatten neben dem Offenstall und mümmelt Heu aus der großen Raufe. Ihre vierbeinigen Kollegen dösen in der sanften Frühlingssonne oder vertreiben sich die Zeit mit gegenseitiger Fellpflege. Die Pferde haben sich ihr artgerechtes Leben selbst verdient: Sie sind die Co-Trainer von Bernd Osterhammel und Heinz Welz und zeigen gestandenen Führungskräften, was sie von deren Führungsqualität halten.
In der
nächsten Stunde wird Jessie einer Jungunternehmerin den Spiegel vorhalten.
Die ehrgeizige Frau hatte in der Vorstellungsrunde bereits ihr Leid geklagt:
Als „Tochter des Chefs“ wurde sie von den Mitarbeitern nicht
ernst genommen, so sehr sie sich auch drehte und wendete. Doch bevor Jessie
ihren Part des Seminars “Pferdeflüstern für Manager“ übernahm,
erhielten die Seminarteilnehmer – allesamt absolute Pferde-„Greenhorns“,
eine ausgiebige Einführung in das Thema.
Bernd Osterhammel vermittelte
in einem eindrucksvollen, lebendigen Vortrag, wie er aus seiner Arbeit
mit den Pferden sechs Erkenntnisse gewann, die sein ganzes Leben veränderten:
Vom frustrierten Kämpfer im Mittelstand mit 60-Stunden-Woche zum
Inhaber einer überaus erfolgreichen Traumfirma, mit Spaß an
der Arbeit und hoch motivierten Mitarbeitern. Alles begann an dem Tag,
an dem seine Pferde sich in der Reithalle um ihn scharten und sagten. „Du,
Bernd, wir müssen mal mit Dir reden“.