Pferdeflüstern leicht gemacht
FORTBILDUNGSFERIEN
FÜR ROSS UND REITER
von: THOMAS
HÄRTL
Es ist schon komisch: da fährt man in ein absolutes Reiterparadies, die Mühlviertler Alm, und soll genau eines nicht tun -
Reiten. Dabei sitzen die meisten Gäste des Wanderreithofs Kern täglich fünf
bis sechs Stunden im Sattel und streifen auf geführten Ausritten oder mit
dem eigenen Pferd durch die quasi endlosen 560 km herrlichster Reitwege.
Ausritt zur Burgruine
Prandegg auf der Mühlviertler
Alm.
Foto: Wanderreiterhof Kern
Schon seit elf
Jahren gibt es im oberösterreichischen Mühlviertel
diese reiterfreundliche Infrastruktur mit Raststationen und Unterkünften,
und das Familienunternehmen der Kerns ist von Anfang an mit dabei. Sabine
Kern, die junge Leiterin des Hofs mit seinen 25 Betten, legt größten Wert
darauf, dass es nicht nur den Urlaubern an nichts fehlt. Auch die Pferde,
17 menschenfreundliche, aus Südamerika stammende Criollos,
könnten es nicht besser haben. In der arttypischen Herdenstruktur leben sie
bei Offenstallhaltung das ganze Jahr über auf großzügigen, saftigen Weiden.
Und das merkt man diesen Tieren auch an. Ausgeglichen und einfach im Umgang
sind sie die idealen Begleiter auf langen Streifzügen durch die hügelige
Landschaft, in der dichte Wälder mit üppigen Wiesen abwechseln.
Dieses Verständnis
vom freundschaftlichen Miteinander von Mensch und Pferd ist auch die
Grundlage für eine weitere Spezialität des ambitioniert geführten Hofes,
die Natural Horsemanship-Kurse. Bekannte
internationale Trainer wie Heinz Welz, Alfonso Aguilar, Josh Lyons oder
Peter Kreinberg kommen für verlängerte Wochenenden auf den Hof, um
alternative Wege zur herkömmlichen Reiterei zu vermitteln, die Gewalt durch
Geduld und Gefühl ersetzen. Und dafür muss man sich in manchen Kursen eben
noch nicht einmal aufs Pferd setzen.
Der deutsche Pferdeflüsterer Heinz
Welz etwa erklärt seine Methode zunächst rein theoretisch. Am ersten
Kurstag bekommt man gar kein Pferd zu sehen, sondern drückt die Schulbank.
Denn der Kommunikationstrainer, der mit Managern genauso wie mit
behinderten Heimkindern arbeitet, und über eine psychologische Ausbildung
verfügt, will seine Kursteilnehmer zunächst wissenschaftlich fundiert für
die Sprache sensibilisieren, mit der sie sich später mit den Pferden
„unterhalten“ sollen: die Körpersprache. Welz hat selbst bei den
unterschiedlichsten Pferdeflüsterern gelernt und lehrt eine kompakte,
weiterentwickelte Essenz der verschiedensten Ansätze. Und die fordert
zunächst erstmal viel von den Menschen: geistige, emotionale und
körperliche Balance, Vertrauen und eine geschärfte Wahrnehmung für das
Gegenüber. Schnell wird klar, dass man in diesem Kurs nicht nur etwas über
Pferde lernt, sondern das Welz’ Kommunikationstraining auch in anderen
Lebensbereichen weiterhelfen kann.
Fortbildung für Ross
und Reiter auf dem Wanderreiterhof Kern in Unterweissenbach
auf der Mühlviertler Alm.
Foto: Wanderreiterhof Kern
Mit rauchenden
Köpfen sitzen die lernwilligen Reiter dann am Abend beim Essen zusammen und
füttern nach dem Geist nun auch den Bauch mit reichhaltigen Leckerbissen.
Biologisch angebaute Produkte aus der Region wandern in den Topf der
kreativen Köchin, die selbst die Stammgäste immer wieder mit neuen
Köstlichkeiten zu überraschen weiß. Ein großes Plus für den Wanderreithof
Kern, steht doch in vielen anderen „Reiterstüberln“ oft wesentlich weniger
Gesundes und G’schmackiges auf der Speisekarte.
Aber so einladend zum Entspannen und es sich gut gehen lassen die
Atmosphäre am Hof ist, die Kursteilnehmer haben noch ein anstrengendes
Programm vor sich. Denn Tag zwei und drei sind voll und ganz der wortlosen
„Unterhaltung“ mit dem Pferd gewidmet – und die will gelernt sein.
Alleine mit dem
Pferd im Round Pen, einem abgezäunten Kreis von 14 Meter Durchmesser, ist
neben genauer Beobachtung und liebvollem Umgang vor allem Konsequenz
entscheidend. Schließlich beruhen die meisten Probleme, die beim Umgang mit
Pferden entstehen, auf der undeutlichen Art des Menschen, sich dem Tier
mitzuteilen.
Heinz Welz lotst
einen nach dem anderen mit viel Ruhe und feinfühligem Verständnis für die
jeweiligen Probleme durch sein individuelles „Gespräch“ mit dem Tier. So
manchem Pferdebesitzer fällt es dabei wie Schuppen von den Augen, dass
bisher oft das geliebte Vieh den Ton angegeben hat. Wer bewegt da
eigentlich wen ist die (Rangordnungs-)Frage. Mit so wenig Energie wie
möglich aber so viel wie nötig, versuchen sich die aufmerksamen Schüler
darin, ihr Pferd oft nur mit Blicken oder festen Gedanken zu lenken. Ob das
Verhältnis stimmt zeigt dann der schönste Moment in dieser subtilen
Kommunikation: man „fragt“ sein Pferd mittels Körpersprache, ob es bereit
ist, einem zu folgen. Manchmal ist noch Überzeugungsarbeit nötig, aber am
Ende trottet noch jedes Pferd ganz ohne Zwang dem Partner Mensch hinterher
– es hat sich freiwillig für ihn entschieden.
Das „Geheimnis der Pferdeflüsterer“
– so nennt Welz sein Seminar – ist also für jeden Einzelnen gelüftet und
praktisch umsetzbar gemacht worden. Ein schönes Erfolgserlebnis, das Lust
auf mehr natürlichen Umgang mit dem Freund Pferd macht – egal auf welchem
reiterlichen Niveau. So wird der Grundstein für eine für beide Seiten
angenehm erfüllende Beziehung abseits von jedem Leistungsdruck gelegt.
Im vollen Galopp
über die saftigen Wiesen der Mühlviertler Alm.
Foto: OÖ Tourismus/Erber
Dass sie mit ihren
Kursen auf dem richtigen Weg ist, zeigen Sabine Kern die Reaktionen
dankbarer Teilnehmer: „Viele melden sich nach einiger Zeit und berichten
begeistert von den Veränderungen, die unsere Seminare bewirkt haben. Da
wird dann aus einem aggressiven, bissigen Pferd ein umgänglicher,
ausgeglichener Partner, oder es gelingt einem Reiter endlich, sich
durchzusetzen und damit frustrierende und auch gefährliche Momente zu
vermeiden.“ Schön, dass es Paradiese auf dieser Welt gibt, die sich dadurch
vergrößern, dass man ein Stück von ihnen mit nach Hause
Informationen:
Anreise:
Anfahrt über
die A8 (Passauerautobahn) oder die A1 (Westautobahn), Ausfahrt Linz (Mühlviertel), danach weiter auf der A7 (Richtung
Prag/Freistadt) bis zum Autobahnende in Unterweitersdorf.
Von da aus fährt man auf der Bundesstrasse
124 über Pregarten und Tragwein nach Bad Zell.
Nach etwa 50 Meter nach
der Tankstelle links einbiegen, Richtung Schönau und Unterweißenbach. Der
Wanderreiterhof liegt ca. drei Kilometer außerhalb des Ortes.
Adresse.
Wanderreithof Kern, Landshut 28, A-4273 Unterweißenbach, Tel.:
+43/7956/7101-0, Fax: 0043/(0) 7956 / 7101-11, E-Mail: info@wanderreiter.at, Internet: http://www.wanderreiter.at
Buchbare Angebote:
- Rudi Illetschko: Reitbegleithundekurs, max. 12
Teilnehmer, 230 Euro inkl. Leihpferd, zzgl. Übernachtung, Verpflegung, Box
(€ 15.-/Tag), eine Übernachtung mit Halbpension im Doppelzimmer: €
35.-/Nacht
- Wanderreiten:
Reitvergnügen pur – Sternritte
8 Tage, 7 Übernachtungen im DZ mit Dusche/WC/Telefon, Halbpension und
Frühstücksbuffet, 6 Reittage (ca. 160 km), Pferd mit Ausrüstung, Reitbegleitung,
590 Euro pro Person
Regionsinfo:
Die Mühlviertler Alm bietet allen Wanderreitern 560
Kilometer bestens beschilderte Reitwege und über 50 Betriebe, in denen die
Reiter mit ihren vierbeinigen Begleitern herzlich willkommen sind. Ein fast
unbegrenztes Reiterlebnis auf einem wirklich außergewöhnlichen Fleckchen
Erde. Info: Reitverband Mühlviertler Alm, 4273
Unterweißenbach 19, Tel.: +43/7956/7304-0, Fax DW 4, E-Mail: office@muehlviertleralm.at";
Internet: www.pferdereich.at
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