Hier riechts nach Mädels!


Wir probieren den neu aufgepolsterten Sattel an.

Quasar und Katja auf einem Ausritt rund ums Dorf.

Was macht eigentlich... der "faule Friese"?

Jaja, mein Quasar hätte "Pferdeflüsterer" Heinz Welz wirklich fast zum Wahnsinn getrieben. Klappte es bei allen anderen Pferden prima, sie mit einem schwungvollen Seil-Wurf durch den Roundpen zu scheuchen, hatte mein Friese Quasar dafür nur ein müdes Wimpernzucken übrig. Die Welz'schen Gesetze der Energie-Steigerung "Ziel festlegen, dran denken, Arm heben, Seil werfen" , setzte der schwarze Koloss locker ausser Kraft. "Bewegen? Nein. Das wäre Arbeit. Und überhaupt - wenn ich nicht will, dann will ich nicht". Setzte sein arrogantestes Gesicht auf und betonierte die Hufe in den Hallenboden.

Die Geduld der inkognito teilnehmenden Zeitungsredakteurin und aller anderen Teilnehmer wurde auf eine harte Probe gestellt, während ich zum 1000sten Mal das Seilende auf Quasars runden Friesenpopo klatschen ließ, um ihn so lange zu nerven, bis er sein Hinterteil gemächlich einen halben Schritt nach rechts verschob. Einfach mal angaloppieren, oder mal mehr als eine Runde auf dem Hufschlag bleiben, das war zu Beginn unserer gemeinsamen Karriere kaum möglich.

Das war vor einem Jahr. Und von dem "faulen Friesen" ist nichts übrig geblieben, ausser der gelegentlichen Diskussion, wo Zockeltrab aufhört und Arbeitstempo anfängt. Hier scheint das Problem aber eher am Sattel zu liegen, der nicht optimal passt. Ein Gelkissen überbrückt jetzt die Zeit, bis Quasar ganz ausgewachsen ist und es sich lohnt, in einen wirklich guten Sattel zu investieren. Erste Versuche mit dem Gelkissen waren erfolgreich: Mein "fauler Friese" machte richtig Gas!

Heute würde ich meine "Schwarze Perle" für kein Geld der Welt mehr hergeben. Mit der dolmetschenden Unterstützung von Heinz Welz, Monty Roberts, Linda Tellington-Jones und der Tier-Therapeutin Stefanie Jäger ist aus uns beiden ein unschlagbares Team geworden. Wir reiten fast jeden Tag - auf dem nahegelegenen Sandplatz oder im wunderschönen Ausreit-Gelände rund um unseren Stall. Wir kommunizieren harmonisch miteinander, und heute bestimme ich Gangart und Richtung.

Oft frage ich mich, wie unser Verhältnis sich wohl entwickelt hätte, wenn es die "Pferdeflüsterer", deren Wissen ich mir angelesen und angeschaut habe, nicht gegeben hätte. Könnte ich ohne dieses Wissen in der Mimik und Körpersprache meines Pferdes lesen, wie in einem offenen Buch? Könnte ich ihm ohne Gerte sagen "ich bestehe darauf, dass Du das jetzt tust!" ? Ich glaube nicht. Trotzdem werden die "Pferdeflüsterer" von vielen Reitern belächelt. Ich erinnere mich noch an einen Kursteilnehmer bei Heinz Welz, der uns bat "Ich bin Mitglied im XY-Verein. Wenn von denen einer erfährt, was ich hier mache, erklären die mich für bekloppt".

Immer wieder bin ich fasziniert davon, wie deutlich Quasar und ich miteinander kommunizieren können, während sich viele Pferdebesitzer damit zufrieden geben, an den Ohren ihrer Pferde gute oder schlechte Laune abzulesen. Solche Leute können es sich nicht vorstellen, dass Quasar sein Schmusegesicht aufsetzen und sich so vor mir einparken kann, dass ich genau weiß "Du möchtest jetzt gern innen am Bein gekratzt werden". Ich kann sogar unterscheiden, ob er mich frech dazu auffordert oder mich höflich darum bittet. Und dann kann ich ihm antworten "Wenn Du mich bittest, kraule ich Dich gern. Wenn Du Dich mir aber so frech in den Weg stellst, schicke ich Dich weg."

Gestern kam eine Schafherde an der Weide vorbei. "Au weia, Mama, da kommt ein Haufen Tiger!" rief mein Pferd, als es wie von der wilden Sau getrieben angerannt kam und sich hinter mir versteckte. Und ich konnte antworten: "Komm, wir gucken uns das mal aus der Nähe an. Folge mir, ich weiß, dass das nicht gefährlich für Dich ist." Und dann haben wir uns die Schafe aus der Nähe angeguckt. Ohne Halfter oder sonstige Hilfsmittel, einfach so, auf der Wiese.

Ungeheuer nützlich ist die Pferdesprache auch, wenn ich Quasar von der Weide holen möchte, aber seine beiden Kumpels nicht. Während ich ihn einlade, mir zu folgen, schicke ich die beiden anderen Pferde körpersprachlich weg. Da gibt's kein Gerangel am Tor, keiner versucht, mit durch zu huschen oder sich uns in den Weg zu stellen.

Ja, wir haben lange geübt, Quasar und ich. Aber wir haben immer gesagt "der Weg ist das Ziel", das Üben macht uns Spaß. So lernten wir gemeinsam, auf Zeichen mit der Vor- oder Hinterhand zu weichen, rückwärts zu richten oder stehen zu bleiben. Wir lernten, Grenzen zu setzen und zu respektieren. Heute kann ich mich darauf verlassen, dass Quasar niemals ohne Aufforderung seine Boxentür passieren oder mich beim Führen überholen, wegdrängen oder ziehen würde. Im Moment arbeiten wir daran, Apportieren zu lernen. Ein paar tage noch, dann haben wir den Bogen raus - das Aufnehmen eines Gegenstandes auf Kommando können wir schon, nur das Tragen bis hin zu mir haben wir noch nicht so drauf. Wenn ich Fehler gemacht habe, hat Quasar mich unbarmherzig korrigiert. So hat es z.B. lange Zeit nicht geklappt, dass er stehen blieb, während ich um ihn herum gegangen bin. Bis ich irgendwann begriffen habe, dass ich ihm in den Kurven nicht meine Front, sondern meine Schulter zugewandt habe, und das heisst in seiner Sprache "komm her".

Wer uns beim Longieren zuguckt, wird laut lachen: Vor der Peitsche hat Quasar keinen Respekt. Sogar wenn ich die Longe so kurz nehme, dass ich ihn mit der Peitsche berühren kann, erkennt er sie als Hilfsmittel nicht an. Ich habe es irgendwann aufgegeben und die Peitsche gleich zu Hause gelassen. Gangartwechsel in den schnelleren Gang machen wir beide gemeinsam: Wenn ich in der Mitte trabe , trabt er auch an. Das Tempo regulieren wir dann mit Blicken und Heben und senken des (Peitschen-) Armes. Wenn Quasar angaloppieren soll, galoppiere ich hopsend in der Mitte. Und was früher trotz Peitschen-Hilfen schlicht und ergreifend nicht möglich war, ist heute ganz einfach: Quasar galoppiert an. Zum Durchparieren lasse ich die Schultern hängen, nehme den intensiven Blick zurück und gebe ein Stimmkommando.

Pferdeflüstern - von vielen Pferdeleuten belächelt, war für Quasar und mich die Erleuchtung. Quasar lässt sich zu nichts zwingen - ich habe es in meiner Unwissenheit sogar mit heftigstem Gerteneinsatz versucht. Die einzige Reaktion waren ein entsetztes Gesicht und einbetonierte Hufe. Quasar lässt sich aber sehr gern überzeugen, ist sehr kooperativ und macht freudig-neugierig jeden Blödsinn mit. Bunte Regenschirme, Flatterband, Hufe in Eimer stellen, über abenteuerlichste Stangen- und Reifenhindernisse kraxeln... Und wenn dann im Wald eine Horde Tiger auf uns lauert, diskutieren wir es aus und gehen dran vorbei.

Wie arm war mein Verständnis für Pferde, bevor ich zu den Erkenntnissen der "Pferdeflüsterer" gefunden habe. Ich bin mit Pferden groß geworden, und manchmal bin ich traurig darüber, dass ich all das nicht viel früher gelernt habe. Wieviele Mißverständnisse und auch Schläge von meinem Vater wären unseren Pferden erspart geblieben, und wie reich und wertvoll wäre unsere Beziehung gewesen!

Die Pferdesprache gibt es wirklich. Es ist eine Körpersprache, die jeder lernen kann. Jeder, der mit Pferden zu tun hat, sollte noch heute damit beginnen. Heinz Welz gibt einem in seinen Seminaren das "Wörterbuch" dazu an die Hand.