13.08.2003
auf Gut Mausaul/Kreuzau |
Zugang
zu Gefühlen
Heinz Welz stiftet fünf Jugendlichen einen ganz besonderen Tag! Von Mona Schubert „Kommst Du nach den Ferien bitte wieder?", war die erste Frage der Kinder, nachdem dieser aussergewöhnliche Tag zu Ende gegangen war. Alle fünf Jugendlichen des Kinderheimes St. Joseph im rheinischen Düren waren sich einig: „Das war ein unvergessliches Erlebnis und eine bleibende Erfahrung mit vielen schönen Gefühlen. Die fünf hatten sich einen Tag lang in die „Geheimnisse
der Pferdeflüsterer“ einweihen lassen. Dahinter stand die Idee,
Heimkindern Zugang zu Pferden zu eröffnen, um ihnen dadurch die Möglichkeit
zu eröffnen, Zugang zu ihren eigenen, verloren gegangenen Gefühlen
zu erlangen. |
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v.links nach rechts: Ursula Büssgen, Silke Madscher u. Heinz Welz |
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Daher
war es für Welz, mit seiner ursprünglichen Idee, eine Lebensschule
zu gründen, eine ganz besondere Herausforderung, seine Erfahrung mit
den fünf Jugendlichen aus dem Heim zu teilen, Kindern überdies,
die in ihrem jungen Leben zum Teil schon viel Schlimmes erleben mussten,
mehr als es sich der normalen Vorstellungskraft erschließt. Welz: „Pferde sind ein wunderbares Medium dafür, Gefühle zu entdecken. Wer will, der kann sich wie in einem Spiegel selbst darin erkennen. Vor allem aber lehren Pferde uns, Gefühle wahrzunehmen und mit Gefühlen richtig umzugehen." Natalie (13), Sabrina (15), Jenny (13), Peter (16) und Tom (14), waren zunächst skeptisch, neugierig und zurückhaltend zugleich, und dennoch mehr als bereit, mit den Pferden der Familie Demary auf Gut Mausauel im rheinischen Obermaubach (bei Düren), eine ganz andere Pferde-Mensch-Beziehung zu erleben, als sie es sich bislang hatten vorstellen können. |
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Die fünf zeigten eine verblüffende Beobachtungsgabe.
Welz: „Ich bin total erstaunt, was Ihr alles gesehen habt!"
Mehr als aufmerksam und interessiert zugleich folgten die Jugendlichen
seiner Aufforderung, das Pferdeverhalten zu erklären und sie folgten
ebenso aufmerksam den Erklärungen von Heinz Welz. |
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Dann durfte sich jeder sein Lieblingspferd auswählen. Peter nahm die braune Stute Fanny, weil sie ihn an das Pferd erinnerte, das er aus seinen ersten Reitstunden kannte. Jenny wählte den Haflinger Nero aus, weil er ihr „einfach" gefiel. Sabrina entschied sich für die große weiße Stute Sunny, „weil sie wie ich weiblich ist", und Nathalie für den alten Oskar („Der sieht aus wie mein ehemaliges Pflegepferd“). Tom verblüffte alle, als er sich umdrehte, auf die gegenüberliegende Weide zeigte und sich – statt eines der Schulpferde - eine wunderschöne schwarze Friesenstute aussuchte: „Die will ich!" Weil sich in der Beobachtungsrunde herausgestellt hatte, dass Sunny in der Gruppe „das Sagen“ hatte, demonstrierte Welz zunächst mit ihr, was es bedeutet, Pferden mit Gefühl und Körpersprache zu begegnen. In kaum drei Minuten gelang es ihm zur Verblüffung aller, die unter Sunnys Führung davonpreschende Herde mit ein paar Körperbewegungen aufmerksam zu machen und sie dann zu sich zu ziehen. Um sich schließlich – eng gefolgt von der zunächst widerstrebenden Sunny und ihren vier Artgenossen – vor den Zuschauern aufzustellen. So etwas hatten sie noch nie gesehen, und so wundert es nicht, dass die fünf ihrem Coach fortan noch intensiver folgten. |
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Mit der braunen Fanny von Peter führte Heinz Welz vor dem Mittagessen ein Joining im Round Pen vor, um den Kindern eine weitere Vorstellung davon zu geben, wie ein Pferd auf die mentalen sowie auf die körperlichen Signale hin reagiert. Welz unterstrich dabei wiederum: „Achtet auf die körpersprachlichen Signale. Pferde verstehen nur eine einzige Sprache weltweit, die Körpersprache. Erfühlt mit Euren Händen und Eurem Empfinden dieses schöne und starke Wesen...." Sätze die bei den fünf Jugendlichen etwas ausgelöst haben müssen, was sie schon lange nicht mehr oder aber noch niemals erfahren durften. Ein spannendes Thema, bei dem es keine Sekunde langweilig wurde. Gebannt schauten alle zu und stellten hinterher sehr gewählte und spezifische Fragen. Die Mittagspause ging den Teilnehmern nicht schnell genug rum und daher standen alle sehr fix und diszipliniert mit ihren fünf Pferden da, als es in den Nachmittag ging. Als erste meldete sich Natalie mit dem über 20 Jahre alten Oskar, einem erfahrenen Pferd im Umgang mit 'seinen' Menschen. Oskar zwang Nathalie zu absoluter Geduld. Ihre kontrollierten Körperbewegungen und ihre Beharrlichkeit überzeugte ihn schließlich und er folgte ihr voller Vertrauen. „Absolut gekonnt“, kommentierte Welz die Leistung des Mädchens. Tom, der ruhige und zurückhaltende Junge, der sich
für ein fremdes Pferd entschieden hatte, folgte als Nächster.
Die Organisatoren hatten die Besitzerin von Toms Wunschpferd unterdessen
informiert und ihre Zusage bekommen. Und nicht nur das: Die Frau kam eigens
angereist, um sich die Sache anzuschauen. So kam auch Tom zu seinem Wunschpferd:
einer wunderschönen 5-jährige Friesenstute, die, wie konnte
es anders sein, wohl aufgrund ihrer schwarzen Färbung mehr seiner
Einstellung entsprach, als das Schulpferd. |
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Auf
die Aufforderung von Heinz Welz, nachdem die Stute Tom zwischendurch einmal
den Hintern zudrehte und lieber fraß, "...du darfst die Stute
ruhig auch mal mit dem Seil berühren...." , entgegnete der auf
den ersten Blick so coole Tom wie aus der
Pistole geschossen und energisch: "Nein, das will ich aber nicht....",sodass
es uns durch Mark und Bein ging. Es war auch gar nicht mehr nötig,
da die Stute sich im gleichen Moment wieder Tom anschloss und beide das
Round Pen ohne Führseil und mindestens drei Meter an Stolz und Selbstbewusstsein
gewachsen, problemlos wieder verließen. Das war wohl für diesen
Tag der ergreifendste Moment, vor allem für seine Betreuer. Sabrina hatte mit Leitstute Sunny erwartungsgemäß eine ausführliche Diskussion zu führen, ehe sich das große Pferd der kleinen jungen Dame anschloss. Ebenso wie Jenny, die ihrem Haflinger Nero ein paar Mal deutlich machen musste, „wo es langgeht“, wusste Sabrina ihr Pferd am Ende zu überzeugen. Beide überzeugten Coach Welz, wie zuvor schon Nathalie, durch ihre feine Körpersprache und ihre Geduld und Beharrlichkeit. So wunderte sich Welz anschließend: „Die Mädchen fielen eher durch eine gewisse Führungsbereitschaft auf, die Jungs hingegen verblüfften mich durch ihre Sanftheit. |
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Die Betreuer und auch die Zuschauer waren sich am Ende
dieses Tages einig, dieses Projekt muss unbedingt weiter ausgebaut werden.
Heinz Welz bescheinigte den Teilnehmern absolute Disziplin und Gelehrigkeit,
wie er es selten erlebt habe. Gerade bei diesen Pferden, die - bedingt
durch den Reitbetrieb - im Umgang mit Kindern zwar „brav" sind,
was aber noch lange nicht heißen muss, dass sie auch folgsam sind.
Fast jeder kommentierte die Nachfrage von Heinz Welz,
was es denn jedem gebracht hätte, mit den Worten: "Ich hätte
es niemals für möglich gehalten, ein Pferd ohne Sattel und Zaumzeug
so ruhig und friedlich zu führen und zu reiten...!“ |
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